Your PAIN is SPECIAL – Wie ich in meinen Sitzungen mit Schmerz arbeite

Schmerz ist eine sehr individuelle Erfahrung. Kein Rückenschmerz gleicht dem anderen. Die Beschreibungen von Schmerz mögen ähnlich klingen. Wenn man aber länger spricht und Raum zum Fühlen lässt, wird die Vielschichtigkeit des Schmerzerlebens deutlich.Deshalb ist die Beschreibung des Schmerzes der erste Schritt in meiner Arbeit.

INDIVIDUELL BESCHREIBEN

Schmerz kann dumpf, stechend, wund, pulsierend, elektrisierend, ziehend, krampfend, drückend, beengend, bohrend usw. sein. Er kann klar abgegrenzt sein oder innerhalb eines Bereiches wandern.  Meine Erfahrung ist es, dass die allermeisten Klienten Schwierigkeiten haben, ihren Schmerz zu beschreiben. Diese Fähigkeit ist jedoch wahnsinnig wichtig, um in die Lage zu kommen, Veränderung überhaupt wahrnehmen zu können!

Der zweite Schritt ist es, zu beschreiben, wie der Klient auf den Schmerz reagiert. Auf körperlicher Ebene bedeutet das beispielsweise: Wo haben sich Muskeln zusammengezogen, um die Schmerzempfindung zu isolieren? Welche Schonhaltungen wurden entwickelt, um den schmerzhaften Bereich zu ignorieren?

Je nachdem, was wir im Laufe unseres Lebens an Erfahrungen gesammelt haben, gibt es bei jedem Menschen auch eine individuelle gedankliche Reaktion auf Schmerz. Weit verbreitet, quasi die Klassiker unter den automatischen Schmerz-Gedanken, sind: „Ist das was Schlimmes?“, „Indianerherz kennt keinen Schmerz.“,  „Das wird ganz lange bleiben und ich werde nie wieder XY können.“

Auch die emotionalen Reaktionen kommen sind vielfältig: Sich ängstlich schwach und zerbrechlich fühlen. Sich ganz sachlich schnell reparieren wollen, ohne die Ursachen anzusehen. Traurig werden und resignieren, weil man jetzt „raus“ ist und nicht mehr am Leben teilnehmen kann. Oder wütend auf den Schmerz sein und wie in einem Wettkampfmodus gegen den eigenen Körper weitermachen.

DAS ALTE ERFAHREN

Meistens fokussieren der Klient und ich unsere Aufmerksamkeit direkt auf den schmerzenden Bereich. Meistens im Liegen.

Ich nutze Berührungen, um die Aufmerksamkeit in dem Bereich zu halten und mehr über die Art des Schmerzes zu erfahren. Müssen Muskelanspannungen gelöst werden? Fühlt sich das Gewebe zu fest an? Oder geht es darum, den ganzen Körper erst einmal wieder zur Ruhe zu bringen?

Zusätzlich zur Berührung benutze ich Worte, um Empfindungen für den Klienten zu beschreiben und wahrnehmbar zu machen. Oder ich gebe Anweisungen, auf eine bestimmte Art und Weise zu atmen oder sich zu bewegen, damit mit dem Schmerz verbundene Atem- oder Bewegungsmuster deutlich werden.

All das hat zum Ziel, dass der Klient bewusst den Schmerz erfahren kann. Und nicht nur den Schmerz, sondern auch seine emotional und gedankliche und körperliche Reaktion auf ihn!

In den meisten Fällen, ist es uns eben nicht bewusst, dass die Art, wie wir mit dem Schmerz umgehen, nur EINE unter vielen ist. Dass sie erlernt ist. Und dass wir folglich die Freiheit haben, uns für eine andere Art des Umgangs zu entscheiden!

Ich bringe dem Klienten bei, absichtlich die Reaktion auf den Schmerz herzustellen. Denn wenn er sie kontrolliert herstellen oder zumindest verstärken kann, dann ist er bereit für den wichtigsten Schritt. Das Loslassen.

ALTES LOSLASSEN UND NEUES ZULASSEN

Die alte Reaktion auf den Schmerz zu stoppen heißt, dem Körper die Möglichkeit zu geben, mit dem Schmerz das zu machen, was er braucht. Körper wissen, was zu tun ist, um zu heilen – und ich begleite mit Worten und Berührungen die Arbeit des Körpers.

Vielleicht wird es still im Kopf und ein Gefühl von Entspannung breitet sich aus. Vielleicht gibt es einen Wärmefluss. Oder der Körper zittert und zuckt. Oder es gibt das Bedürfnis, neue Bewegungen auszuprobieren.

Und dann beginnt der Schmerz sich zu verändern. Oder findet vielleicht sogar zu einem Ende.